|
Vom mechanistischen zum organischen Denken und Handeln
Werner Merker
Erstveröffentlichung: August
2001 in der Zeitschrift "Matrix3000"
(Eine Weiterführung des Artikels finden Sie hier, eine ausführliche
Darstellung der Thematik hier.)
Druckversion (PDF) dieses
Artikels
Was bewirken genetisch veränderte Lebensmittel? Welche
Auswirkungen wird die Entschlüsselung des menschlichen Genoms haben?
Was bedeutet es einen Menschen im embryonalen Zustand zu klonen
um ihn als Organproduzenten zu verwerten? Wie bewältigt man die Bedrohung
durch neue Krankheiten und Seuchen?
Fragen zum Erkennen und Verstehen des Lebendigen und zum Umgang
mit den gewonnenen Erkenntnissen - das sind die brennenden wissenschaftlichen
Fragen der Gegenwart!
Doch sind diese Fragen mit dem bisherigen aus der Mechanik hergeleiteten
naturwissenschaftlichen Denken überhaupt zu lösen? Muss nicht
eine ganz neue naturwissenschaftliche Betrachtungsweise entstehen, die dem
Lebendigen angemessen ist?
Die heute etablierte naturwissenschaftliche Denkweise ist im wesentlichen
im 16. Jahrhundert entstanden. Hier waren es vor allem große Physiker
und Astronomen wie Galileo Galilei, die der kirchlichen Macht die Vorherrschaft
bezüglich naturwissenschaftlicher Erkenntnisfragen durch eigenes Forschen
und Denken abtrotzten. Für ihre durch Logik aus Beobachtungen und Experimenten
hergeleiteten, aber teilweise im Widerspruch zur kirchlichen Lehrmeinung
stehenden, Erkenntnisse mussten sie sich häufig vor einem Inquisitionsprozess
verantworten und teilweise mit ihrem Leben bezahlen. Dass sie nur einen
begrenzten Aspekt der Wirklichkeit untersuchten, war ihnen meist nicht bewusst
wenngleich sie aber doch unter dem Verlust einer größeren, auch
spirituellen Sichtweise der Welt litten. Ihre Forscherwelt war auf materielle
Körper und deren Bewegung verarmt. Der Kosmos wurde zur kalten, gähnenden
Leere, in der sich materielle Körper auf berechenbaren Bahnen bewegen.
Später wurde auch die Materie selbst als aus bewegten kleinsten Korpuskeln
aufgebaut gedacht.
Nachdem Descartes und andere diese Erkenntnishaltung philosophisch untermauert
und verabsolutiert hatten, konnte sie sich nicht nur in der Physik, sondern
auch in allen anderen naturwissenschaftlichen Bereichen durchsetzen und
zunehmend das gesamte Weltbild dominieren. Auch das Lebendige wurde nun
mit dieser aus der toten Mechanik hergeleiteten Erkenntnisweise als Totes
seziert und bis ins letzte Atom analysiert. So konnten zum materiellen Aspekt
des belebten Körpers ungeheuer detaillierte Kenntnisse erworben werden,
welche allerdings kaum genutzt wurden um dem Lebendigen selbst auf die Spur
zu kommen.
Anfang des letzten Jahrhunderts kam diese materialistisch-mechanistische
Weltsicht ins Wanken: Sowohl in den Weiten des Kosmos als auch in den Tiefen
des Atoms traten beim Licht und bei der Materie Effekte auf, die mit der
alten Mechanik nicht zu beschreiben waren. Eine neue Quantenmechanik und
eine neue Bewegungslehre, die Relativitätstheorie, mussten entwickelt
werden. Dass dabei das strenge Kausalitätsprinzip, welches die Grundlage
der klassischen Mechanik bildet, überwunden werden musste und die Materie
sich in Felder, Wellen und Energie auflöste, konnte ins allgemeine
Denken nur wenig eindringen.
Heute ist es vielen führenden Wissenschaftlern und Philosophen im Grunde
genommen klar: Das materialistisch-mechanistische Weltbild hat gerade seine
technische Hochblüte, ist aber vom erkenntnistheoretischen Standpunkt
aus gesehen an ein Ende gekommen. Nur- wie geht es weiter?
Zwar weisen einige Wissenschaftler eindringlich darauf hin, dass ein anderes
Denken notwendig sei. Die Biologie müsse Leitwissenschaft werden und
die Physik, die seit Galileo Galilei diese Funktion hatte, ablösen.
Die etablierte Wissenschaft an Universitäten und Instituten nimmt solche
Appelle jedoch kaum auf. Sie will nicht gern ihr eigenes Weltbild in Frage
stellen und ist institutionell gesehen in der Regel zu träge für
revolutionäre Veränderungen. Außerdem kann sie sich natürlich
mit Recht auf viele mit Hilfe des analytisch-materiellen Denkens gewonnene
wissenschaftliche und technische Errungenschaften berufen, die zum Teil
wirklich dem Wohle und dem Fortschritt der Menschheit dienen.
Die herkömmliche Wissenschaft sitzt fest im Sattel, so fest wie im
16. Jahrhundert die kirchliche Macht, die das Weltbild bestimmte. Damals
wurde alles, was nicht dem Katechismus der Kirche entsprach, verdammt oder
durch Inquisition ausgeschaltet. Heute sieht die Inquisition anders aus:
Alles, was nicht streng kausal im materialistisch-mechanistischen Sinne
erklärt wird, gilt als unwissenschaftlich und ist damit wissenschaftlich
indiskutabel. Allerhöchstens wird gestattet, dass ein solches Denken
dem Wissenschaftsanspruch abschwört und sich in eine zum Beispiel mystisch-religiöse
Ecke zurückzieht. Doch ebenso wie im 16. Jahrhundert das mechanistische
wissenschaftliche Denken und Forschen immer wieder aufkeimte und sich gegen
die kirchliche Gewalt durchsetzte, so entwickelt sich auch heute in vielen
kleinen zarten Pflänzchen das dem Lebendigen angemessene organische
Denken. Immer mehr Menschen fühlen sich in ihren Fragestellungen an
das Leben durch streng kausal-mechanistisch gedachte Erklärungen nicht
mehr befriedigt. Man ahnt, dass ein neues weitergehendes Denken erforderlich
ist. Eine neue wissenschaftliche Revolution ist angesagt!
Neue Ansätze
Besonders in den letzten Jahren, aber auch schon früher, haben
sich auf vielen Gebieten Ansätze zu einem organischen Denken entwickelt.
Teilweise fanden sie sogar Beachtung. Insgesamt konnten sie sich aber
in der Wissenschaft bisher noch nicht durchsetzen, geschweige denn im
allgemeinen Denken eine revolutionäre Veränderung bewirken.
Sie alle haben gemeinsam, dass sie die lineare Kausalität des mechanistischen
Denkens überwinden.
Als Urvater des organischen Denkens kann wohl Goethe angesehen werden. Mit
großer Intensität hat er an einer lebensgemäßen wissenschaftlichen
Methodik gearbeitet. Lange wurden seine Ideen nur wenig aufgegriffen, obwohl
es einige Ansätze dazu gab. An erster Stelle sind hier die Bemühungen
Rudolf Steiners zu nennen, der von 1884 bis 1897 an der Herausgabe von Goethes
naturwissenschaftlichen Schriften arbeitete und dessen Methodik in
vielfacher Hinsicht erweiterte. Seine goetheanistischen Forschungsansätze
wurden in der Folgezeit auf vielen Gebieten angewendet und in zahlreichen
Artikeln und Büchern publiziert. Insgesamt konnte dies die etablierte
Wissenschaft bisher aber nur wenig beeinflussen.
Neue Impulse zur Entwicklung einiger dem Lebendigen angemessenen Theorien
und Modelle ergaben sich dann Ende der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts.
Es wurden verschiedene Systemtheorien entworfen, deren Prinzipien aus lebendigen
Systemen hergeleitet wurden. Modelle der Selbstorganisation physikalischer
und lebender Systeme werden in jüngster Zeit häufig diskutiert.
Mathematische Grundlage dieser neuen Ansätze zum Verstehen des Lebendigen
ist oft die Wahrscheinlichkeitsrechnung und die neu entstandene Theorie
der nichtlinearen Dynamik (Chaostheorie).
Meist kommen diese theoretischen Modelle nicht an Goethes viel revolutionäreres
und konkreteres Wahrnehmen und Denken heran. Sie sind aber auf der Basis
der nun durchgemachten materialistischen naturwissenschaftlichen Entwicklung
entstanden und können daher vielleicht eher Einfluss auf das allgemeine
Denken nehmen.
Ein wichtiger zeitgenössischer Vertreter dieser wissenschaftlicher
Erneuerung ist der Biologe Rupert Sheldrake, dessen Forschungen in gewisser
Hinsicht mit Goethes Ideen in Verbindung gebracht werden können, was
im Folgenden geschehen soll.
Goethes organische Naturbetrachtung
"Wer will etwas Lebendiges erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist herauszutreiben,
Dann hat er die Teile in seiner Hand,
Fehlt leider nur das geistige Band. "
Die ungeheure Begrenztheit der üblichen Naturwissenschaften in bezug
auf das Lebendige wird hier von Goethe durch die Gestalt des Mephisto im
Faust spöttisch dargestellt. Nur die materiellen Teile werden untersucht,
ohne jedoch den organisierenden Aspekt des Lebendigen zu berücksichtigen.
Das Wesentliche, was einen lebendigen Organismus von einem toten unterscheidet,
wird nicht beachtet oder sogar ignoriert.
Die Wissenschaft beschränkt sich nur zu gern auf die materielle Ebene
des Organismus. Sie verdiente daher eher den Namen Materiewissenschaft als
Naturwissenschaft. Die Natur ist doch viel reicher und umfasst viel mehr
als nur die Materie. Es gibt in ihr auch pflanzliche Lebensvorgänge
und wachsende Organismen, tierische Verhaltensvorgänge und fühlende
Wesen und menschliche Bewusstseinsvorgänge und geistige Wesenheiten.
Lebenskräfte, Gefühle, geistige Aktivität, dies alles sind
Ebenen, die einer mechanistischen Betrachtungsweise fremd und suspekt sind.
Goethe unternimmt nun die Anstrengung, zu einer umfassenden, nicht auf das
Materielle beschränkten, organischen Betrachtungsweise aller Bereiche
zu kommen. Dies geschieht in seinen naturwissenschaftlichen, aber auch in
seinen literarischen Schriften.
Der Kern seines andersartigen Ansatzes ist, dass er versucht, Lebendiges
wirklich als im Prozess Befindliches wahrzunehmen und zu denken. Das statische
Augenblickserscheinen eines Organismus wird mit seinem früheren oder
späteren Zustand in Beziehung gesetzt. Veränderungen, Entwicklungen,
Metamorphosen werden wichtig.
Im botanischen Bereich entwickelt er den Begriff der Urpflanze, vielleicht
könnte man, um den prozessualen Charakter deutlicher zu machen, verständlicher
sagen, den Begriff des Urpflanzlichen. Alle Organe der Pflanze betrachtet
er als Metamorphose von Gestaltungskräften des Blattes. Blatt, Kelchblatt,
Blumenblatt, Staubgefäße - überall erkennt er ein Ausdehnen
und Zusammenballen gleicher Gestaltungskräfte: "Rückwärts
und vorwärts ist die Pflanze immer nur ein Blatt..." Ein
außerordentlich dynamisches und kreatives Denken ist notwendig, um
solche Lebensvorgänge zu erfassen. Wie viel einfacher ist es mit Zahlen,
Messwerten und starren Gesetzen zu hantieren! Doch gerade die Rückwirkung
der naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise auf den Menschen war Goethe
außerordentlich wichtig. Immer wieder warnt er vor den Folgen des
starren mechanischen Denkens auf den Menschen. Dieses Denken ist seiner
Meinung nach viel zu wenig an den konkreten, wahrnehmbaren Phänomenen
entwickelt. Nur zu schnell wechselt die übliche Wissenschaft vom konkret
zu Beobachtenden zu abstrakten und auf wenige Faktoren reduzierte Vorstellungen
und Modelle. So erhält man Gesetze, die nicht die ganze, tatsächlich
erfahrene Wirklichkeit erfassen, sondern sich nur auf den rein intelektuell
handhabbaren Teil beschränken.
Im physikalischen Bereich zeigt Goethe besonders in seiner Farbenlehre,
der er einen großen Teil seines Lebens gewidmet hat, wie rein aus
den Phänomenen des Lichts und der Finsternis heraus ein Verständnis
der optischen Erscheinungen und der Farben entwickelt werden kann, welches
an das Empfinden des Menschen anschließt.
Heftig attackiert Goethe seinen Zeitgenossen Isaac Newton, der in sehr abstrakter,
vom menschlichen Empfinden losgelöster Art, das Licht mit mechanistischen
Modellvorstellungen beschreibt. Dennoch setzte sich Newton durch. So sind
nun heute statt Farbempfindungen nur abstrakte Wellenlängen elektromagnetischer
Wellen für ein naturwissenschaftliches Erfassen des Lichtes zugelassen.
An unser tatsächliches Erleben von Farbe, Licht und Finsternis kann
das kaum anschließen.
Beide Betrachtungsweisen haben ihren Wahrheitsgehalt und ihre Berechtigung.
Zweifelsohne führen sie den Menschen aber in ganz unterschiedliche
Denk- und Erfahrungsrichtungen, was sich auf die gesamte Kulturentwicklung
auswirkt. Bis an sein Lebensende hatte Goethe diesbezüglich große
Furcht: "Das überhandnehmende Maschinenwesen quält
und ängstigt mich, es wälzt sich heran wie ein Gewitter, langsam,
langsam; aber es hat seine Richtung genommen, es wird kommen und treffen."
Besonders ängstigend wird es, wenn dieses "überhandnehmende
Maschinenwesen" auch die Erforschung des Lebendigen dominiert.
Anschauende Urteilskraft
Dem
versuchte Goethe seine neue Wissenschaft, die er im Bereich des Lebendigen
Morphologie nannte, entgegenzusetzen. Darunter verstand er die "Lehre
von der Gestalt, der Bildung und Umbildung der organischen Körper".
Die organischen Formen sind für ihn nicht aus dem Zusammenwirken der
Materie zu erklären, sondern ergeben sich aus lebendigen Gestaltungskräften,
die dem Lebewesen eigen sind. Die Wahrnehmung dieser Kräfte ist vergleichbar
mit dem Erkennen von Gesten oder künstlerischen Ausdrucksformen, welche
dem gesamten Lebensausdruck des Lebewesens entsprechen und auch im zeitlichen
Prozess erfasst werden müssen. So wie bei einer abstrakten Plastik
quellende, ausstülpende, sich zusammenziehende, verdichtende, strömende,
sich auflösende etc. Kräfte nachgefühlt werden können,
so können auch bei einem lebenden Organismus zusammenballende, ausdehnende,
auflösende, durchlüftende, aussondernde etc Bildekräfte wahrgenommen
werden. Man muss sich dazu mit den eigenen inneren, vom Seelischen berührten
Lebenskräften auf diese zum Beispiel in einer Pflanze wirkenden Kräfte
einlassen und sie im eigenen inneren Nachbilden erspüren. Nach intensiver
Beschäftigung kann man schließlich eine differenzierte Gesamtgeste
der Plastik bzw. des Organismus erleben.
Ein solches erlebendes Erkennen dieser Gestaltungskräfte ist durchaus
von jedem Geübten nachvollziehbar und dadurch genauso interpersonell
kommunizierbar wie materialistische wissenschaftliche Forschung. Es erfordert
allerdings eine empathische Verbindung mit dem Wahrzunehmenden, eine große
innere Aktivität, welche von persönlichen Wahrnehmungsmustern losgelöst
sein muss, und ein waches Wahrnehmen dieser eigenen Aktivität. Das Ergebnis
ist dann nicht wie beim mechanistischen Erkenntnisansatz ein Begriff, das
Auffinden eines linear-kausalen Zusammenhangs oder ein mathematisch gefasstes
Gesetz, sondern das Entstehen einer anschauenden Urteilskraft, wie Goethe
es nannte.
Sheldrakes morphogenetische Felder
An Goethes Morphologie am stärksten anknüpfend sind in der
zeitgenössischen Forschung die Ideen des Biologen Rupert Sheldrake,
der in seiner Autobiographie beschreibt, wie ihm gerade ein Aufsatz über
Goethes naturwissenschaftliche Betrachtungen den entscheidenen Impuls
zur Entwicklung seiner Ideen gab.
Sheldrake,
Jahrgang 1942, gehört zweifellos zu den revolutionärsten und auch
umstrittensten wissenschaftlichen Denkern unserer Zeit. Öffentlich
und mit klarem Wissenschaftsanspruch verlässt er die Ebene des rein
Materiellen und der bisherigen Materiewissenschaft. Dabei schließt
er an den in vielen physikalischen Bereichen anerkannten Begriff des Feldes
an. Im biologischen Bereich hat dieser Begriff auch schon eine längere
Tradition. Er wurde unter anderem von dem russischen Entwicklungsbiologen
Alexander Gurwitsch um 1920 zur Erklärung von Wachstum und Differenzierung
von Zellen in Lebewesen verwendet.
Ein Feld beschreibt den besonderen Zustand eines Raumes, in dem an jeder
Stelle eine Kraftwirkung erfolgt. Es handelt sich also nicht um punktuelle
Kräfte, die an einzelnen Orten ansetzen und linear wirken, sondern
um eine Gesamtwirkung im Raum. Mechanistisch gedacht kann man diese Kraftwirkung
im Raum an unendlich vielen Punkten nachweisen. Wird das Denken etwas flüssiger,
kann man auch von Kraftströmungen sprechen (z. B. Magnetfluss). Man
kommt dann zu Anschauungen, die ähnlich den Erscheinungen bei Druckphänomenen
in Flüssigkeiten oder Gasen sind. Ein Feld ist also eher als ein unmaterielles
Kräfte-Fluidum zu denken. Felder wirken unabhängig vom Materiellen
auch im Vakuum. Beim Umgang mit Feldern, egal ob magnetischen, elektromagnetischen
oder Gravitationsfeldern, bewegt man sich also in einem Kräftebereich,
der auf Materie einwirken kann, selbst aber immateriell ist.
Die Einwirkung solcher Kraftfelder auf Materie kann manchmal eindrucksvolle
Ordnungsstrukturen hervorbringen wie zum Beispiel beim Nachweis von Magnetfeldern
mit Eisenfeilspänen. Wie lange würde es dauern, jedes Eisenfeilspänchen
von Hand zu legen und wie schlagartig ordnet sich die Materie im Magnetfeld!

Im physikalischen Bereich erweist sich der Umgang mit Feldern in immer
mehr Bereichen als sehr hilfreich und wesentlich umfassender und sinnvoller
als die mechanistische Betrachtung von punktuellen Einzelkräften.
Das durch den Atomismus betonte Prinzip des Getrennten wird mehr und mehr
durch das bei Feldern sich ergebende Prinzip des Verbundenen ersetzt.
Sheldrake überträgt nun den Begriff des Feldes auf die Gestaltungskräfte
im Lebendigen. Auch diese wirken ganzheitlich und umfassend. Auch hier kann
Materie sich schlagartig entsprechend den Erfordernissen des lebendigen
Organismus strukturieren. Wie schwierig ist es zum Beispiel die Ordnungsstruktur
der DNA oder den Vorgang der Duplikation der DNA rein aus dem Zusammenwirken
der Materie zu erklären und wie leicht und schlagartig könnte
sich die Materie entsprechend einem Gestalt gebenden, genannt morphischen
oder morphogenetischen, Feld des Organismus ordnen. - Die Überlegenheit
der Feldtheorie wird deutlich.
Ausgehend vom morphogenetischen Feld eines Einzelorganismus überträgt
Sheldrake seinen Feldbegriff auch auf die Organisation von staatenbildenden
Insekten. Die rätselhaften Phänomene in einem Bienenvolk oder
einer Termitenkolonie lassen sich durch den ganzen Staat umfassende organisierende
Felder leicht erklären. Auch das kollektive Verhalten artgleicher Lebewesen
kann durch Gewohnheiten prägende Felder verständlich werden.
Man kann zu einem sehr allgemeinen und erweiterten Feldbegriff kommen: Alles,
was kräftemäßig in Beziehung steht, lässt sich durch
verbindende Felder erklären. Ein Stein "weiß" wohin
er fallen muss. In irgendeiner Weise muss er also eine Verbindung zur Erde
haben. Dies beschreibt man durch ein Gravitationsfeld. Ebenso könnte
man die allgemeine Beziehung zwischen zwei Objekten oder Wesen, die in Wechselwirkung
stehen, egal ob Pflanzen, Tiere oder Menschen auch durch ein verbindendes
Feld erklären. Der leere Raum zwischen zwei Objekten, den die mechanistische
Betrachtungsweise nur sehen kann, würde sich nun mit dynamischen Beziehungs-Feldern
unterschiedlichster Art füllen, die nicht hypothetisch sind, sondern
den gleichen Realitätsanspruch haben wie die Objekte oder Wesen selbst.
Diese auf Beziehungen begründete Betrachtungsweise, in der alles seine
Existenz nur in Beziehung zu anderem hat, könnte zu einer neuen Dimension
der Verbundenheit mit der Welt im Erleben des Menschen führen. Eine
revolutionär veränderte Lebenseinstellung, die an die großen
spirituellen Impulse der Menschheit anschließt, würde sich nun
wissenschaftlich begründet ergeben.
Goethes Morphologie und Sheldrakes morphische
Felder
Gestaltbildung, -umbildung und -entwicklung,- das ist der Ansatz mit
dem Goethe und Sheldrake sich dem Lebendigen nähern. Nicht die analytische
Zerlegung in Einzelkomponenten und deren mechanistisches Zusammenwirken
wird untersucht, sondern eine dem materiellen übergeordnete Ebene
der Gestaltungs- oder Bildekräfte des Lebendigen wird betrachtet.
Zur Beschreibung dieser holistisch wirkenden Bildekräfte bietet sich
für Sheldrake der wissenschaftlich anerkannte Begriff des Feldes
an. Damit erhält man zunächst einmal eine äußerst
sinnvolle, dem Lebendigen angemessene und aus Versuchen herleitbare Theorie,
die der Wissenschaft einen Einstieg in den Bereich der immateriellen Kräfte
und Prozesse ermöglicht. Der Schritt ist naheliegend, klein und doch
von ungeheurer Bedeutung.
Goethes Ansatz ist weniger abstrakt: “Man suche nur nichts hinter
den Phänomenen; sie selbst sind die Lehre“. Jegliche Modellvorstellungen
lehnt er ab, da sie nur gedankliche Krücken sind und vom inneren
erlebenden Erkenntnisakt ablenken, der zum Erfassen lebendiger Prozesse
notwendig ist. Vielmehr erwartet er vom Forscher eine intensive, quasi
künstlerische Beweglichkeit, die über die kausale Logik der
bisherigen Wissenschaft weit hinausgeht.
“Das Gebildete wird sogleich wieder umgebildet, und wir haben uns,
wenn wir einigermaßen zum lebendigen Anschauen der Natur gelangen
wollen, selbst so beweglich und bildsam zu erhalten, nach dem Beispiele,
mit dem sie uns vorgeht.“
Goethe entwirft also keine neuen Erklärungsmodelle, sondern verlangt
eine ganz neue Methodik: Die im Lebendigen wirkenden Kräfte werden
über ein Aktivieren innerer Kräfte des Beobachters und deren
Wahrnehmung erfahren und erkannt. Dies führt zur anschauenden Urteilskraft.
Sheldrakes Ideen dagegen knüpfen mit ihrer Neuartigkeit eher an
die momentane Methodik der Naturwissenschaft an. Sie sind dennoch ein
revolutionärer Schritt zu einer neuen Ebene, der Welt der lebendigen
gestaltenden Kräfte, auch wenn sie von der Wahrnehmung her auf der
physischen Ebene verbleiben. Sie führen zu einer erweiterten ganzheitlichen
Betrachtungsweise und überwinden die Beschränktheit der nur
im Materiellen gesuchten kausalen Zusammenhänge.
Goethes tatsächliches direktes Wahrnehmen der äußere
Objekte gestaltenden Kräfte geschieht über ein Wahrnehmen des
eigenen inneren Erlebens des Beobachters. Nur wer dies selbst vollzieht,
wird zum erlebenden Erkennen lebendiger Gesten und Qualitäten kommen.
Das Erlebte kann als Erkenntnis durchaus artikuliert werden. Es ist dann
aber schon etwas anderes als die tatsächliche Erfahrung der wirkenden
Kräfte und Qualitäten. Für das Verständnis der Funktionsweise
des Erkannten kann dann die Theorie der morphogenetischen Felder hilfreich
sein.
Mit toten Messinstrumenten wird man die Kräfte des Lebendigen oder
nach Sheldrake die morphogenetischen Felder nicht erfassen können.
Das Lebendige kann nur über die eigenen Lebenskräfte wahrgenommen
werden. Trotzdem kann in dieser neuen Wissenschaftsmethodik eine Objektivität
und Vergleichbarkeit der Ergebnisse von geübten Wissenschaftlern
durchaus erreicht werden, da sie zu gleichen oder ähnlichen inneren
Erlebnissen und gleichen Urteilen kommen.
Vom mechanistischen zum organischen Handeln
Das mechanistische Denken hat sich vor allen Dingen deshalb durchgesetzt, weil
es mit seinen technischen Errungenschaften enorme Möglichkeiten, Vorteile
und Macht gebracht hat. Ein organisches Denken wird sich auch nur durchsetzen,
wenn es mit einem organischen Handeln einhergeht und deutlich wird, dass
es dem rein aus der Erfahrung der physischen Welt hergeleiteten mechanistischen
Handeln weit überlegen ist.
Mechanistisches Handeln
Als handelnder Mensch bewegt man sich mehr oder weniger zielgerichtet und ergebnisorientiert
in der physischen Welt. Obwohl man ganz im Physischen tätig ist, kann
man dieses Handeln dennoch eigentlich nicht als mechanistisch bezeichnen,
da es immer eine Handlungsintention gibt, die sich aus einem größeren,
ganzheitlichen Zusammenhang heraus ergibt. Trotzdem kann menschliches Handeln
mechanistische Züge annehmen, wenn es aus einer begrenzten, kurzfristigen
Sichtweise heraus geschieht. Kurzfristiger Erfolg und schnelle Ergebnisse
werden gerade heutzutage in vielen Bereichen angestrebt. Größere
zeitliche und räumliche Zusammenhänge werden zuwenig beachtet.
Gelegentlich wird um des eigenen Erfolgs willen der Umgebung sogar Gewalt
angetan. Es findet eine starke Fixierung auf das gerade Manifeste statt.
Hat man mit dem Bereich des Lebendigen zu tun, also mit Pflanzen, Tieren
oder auch im sozialen Umgang mit anderen Menschen, so ist ein solches mechanistisch
geprägtes Vorgehen völlig unangebracht, oft erfolglos und führt
meist zu schlechten, wenig dauerhaften und von der Umgebung nicht getragenen
Ergebnissen.
Organische Entwicklung
Wesentliche Aspekte des Lebendigen kann man an der Entwicklung von Pflanzen
ablesen. Zunächst einmal sollen unabhängig von Goethes und Sheldrakes
Ideen diese Aspekte betrachtet werden.
Eine Pflanze braucht einerseits ein inneres gestaltendes Prinzip, andererseits
benötigt sie bestimmte Umweltbedingungen, die ihre Entwicklung erst
ermöglichen. Diese Bedingungen können natürlich gegeben
sein oder durch Eingriffe des Menschen seinen Absichten entsprechend optimiert
werden. In jedem Fall müssen sie nicht genau definiert vorliegen,
da die Pflanze sich auf unterschiedliche Bedingungen einstellen kann.
Ihre durch anschauende Urteilkraft erfahrbare Geste oder ihre Art sich
in der Welt zu äußern bleibt vom Typus her gleich, hängt
in der realen Gestaltung aber sehr von den Umweltbedingungen ab. Dazu
kommt, dass feine Nuancen ihrer Gestalt sogar unabhängig von inneren
und äußeren Bedingungen individuell verschieden sein können.
Dieses individuelle Verschiedensein ist ein deutliches Zeichen für
ihre Lebendigkeit. Beispielsweise kann ein Acker mit völlig uniformen
Pflanzen, wie er in der konventionellen Landwirtschaft für eine maschinengerechte
Handhabbarkeit angestrebt wird, sicherlich als wenig lebendig und lebenskräftig
bezeichnet werden.
Durch nicht fest definierte Umweltbedingungen und die individuellen Ausgestaltungsmöglichkeiten
verliert die Pflanze die streng kausale Berechenbarkeit des mechanischen
Bereichs. Ein Kriterium des Lebendigen ist nämlich, dass hier nicht
absolute Berechenbarkeit herrscht. Ein Moment der Freiheit taucht auf. Wie
eine Pflanze sich entwickeln wird, ob ein Samenkorn keimt, wie viel Frucht
sie bringt, all das kann nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhergesagt
werden. Das Lebendige ist prinzipiell nicht genau berechenbar. Kein Wunder
also, dass die Auswirkungen der Gentechnik letztendlich von niemandem genau
vorhergesagt werden können.
Ein weiterer wichtiger Unterschied des Lebendigen zum Mechanischen ist die
Notwendigkeit der Entwicklung und Verwandlung. Diese Vorgänge kommen
in mechanischen Abläufen gar nicht vor.
Im
pflanzlichen, im tierischen und erst recht im menschlichen Bereich findet
Entwicklung mit eigener Dynamik statt. Geburt, Wachstum, Reife und Tod kennzeichnen
diese Entwicklung. Dabei gibt es in bestimmten Phasen intensive Verwandlungen,
die allerdings nicht immer so offensichtlich sind wie die Verwandlung des
Samenkorns zum Spross oder der Raupe zum Schmetterling.
Ein weiteres Charakteristikum des Lebendigen ist sein steter und vor
allem rhythmischer Austausch mit der Umgebung. Ein Organismus muss ein
offenes System sein und Atmungs- und Stoffwechselprozesse mit der Umgebung
ausführen. Ohne diese Austauschprozesse erstirbt der Organismus.
Der rhythmische, atmende Charakter lebendiger Vorgänge unterscheidet
sich wesentlich vom isolierten, linearen Charakter des Mechanischen.
Die hier dargestellten Aspekte des Lebendigen erleichtern das Verständnis
eines organischen Handelns.
Organisches Handeln
Eine Pflanze kann sich wie alles Lebendige nur in vielfachen Beziehungen
zu einer Umwelt entwickeln. Dabei darf man allerdings Beziehung nicht
zu mechanistisch gedacht. Die Pflanze ist einfach Teil eines großen
Ganzen. Sie ist Teil der Umwelt und selber Umwelt für andere. Dies
ist bestimmend für die grundsätzliche Btrachtung eines allgemeinen
organischen Handelns.

„ Als der See da war,

sind auch die Schwäne gekommen“
– diese asiatische Weisheit zeigt schon das Wesentliche eines organischen
Handelns: Entscheidend ist die Arbeit an den Bedingungen, an der Umwelt.
Es wird nicht einfach irgendetwas irgendwo hingepfahlt, wie es einem mechanischen
Handeln entspräche, sondern es werden die Bedingungen so geschaffen,
dass sich das Gewünschte entwickeln kann. Manchmal ist dazu noch
ein Samenkorn notwendig, manchmal stellt sich dieses sogar auf wundersame
Weise, wie die Schwäne in obigem Beispiel, wie von selbst ein.
Wie eine Pflanze muss dann das sich Entwickelnde seinem jeweiligen Entwicklungsstand
entsprechend vom Handelnden pflegend begleitet werden. Es entwickelt sich
jedoch durch seine eigenen nicht ganz berechenbaren Lebenskräfte nach
eigener Gesetzmäßigkeit. Als Handelnder muss man sich hüten,
diese Entwicklung gewaltsam forcieren oder nach eigenen Vorstellungen und
Wünschen mit Gewalt manipulieren zu wollen. Geduld und Vertrauen sind
notwendig, denn der Erfolg des eigenen Bemühens wird nicht unmittelbar
sichtbar. Auch muss man akzeptieren, dass man die Sache nicht ganz in der
Hand hat.
Treten Probleme auf, hat es gar keinen Sinn, das sich Entwicklende isoliert
zu analysieren. Weite Perspektiven müssen betrachtet werden ohne sich
zu sehr auf das einzelne Problem zu fixieren. Die Bedingungen müssen
untersucht und bearbeitet werden, soweit dies möglich ist. Manchmal
ist dies nicht mehr möglich. Dann kann vielleicht nur noch ein mechanischer
Noteingriff erfolgen oder möglicherweise nur noch daraus für die
Zukunft gelernt werden.
Insgesamt muss man weg von einer zeitlich und räumlich punktuellen
Betrachtungsweise. Das Bewusstsein muss in aufmerksamer und empathischer
Hinwendung die Umgebung und die zeitliche Entwicklung wahrnehmen. Bei einer
so veränderten Wahrnehmung wird sich allmählich auch das Handeln
verwandeln. Das Bewusstsein wird sich dann langsam daran gewöhnen,
beim Umgang mit dem Lebendigen, wozu auch sozialer Umgang gehört, nicht
dualistisch und analytisch vorzugehen, sondern sich auf einen Wechsel von
Empathie und Vernunft einzulassen.
Diese Betrachtungs- und Handlungsweise gilt nun nicht nur für den Umgang
mit Pflanzen, Tieren und Menschen. Jeden Prozess und jedes Projekt, mit
dem man im Alltag zu tun hat, kann man auf diese Weise organisch betrachten
und dementsprechend handelnd damit umgehen. So wird sich nach und nach ein
Vertrauen in Entwicklungen, vielleicht auch ein Verständnis von Verwandlungen
ergeben. Einzelphänomene werden nicht mehr als Fertiges isoliert betrachtet,
sondern werden als Anregungen und sich äußernde Erscheinungen
eines größeren zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs wahrgenommen.
Man arbeitet zunehmend an und mit den Kräften der Umgebung, fühlt
sich eingebettet und getragen. Man wundert sich vielleicht, wie einem Hilfe
von außen zukommt, Probleme sich wie von selbst lösen oder Situationen
sich ergeben, die man nur ergreifen muss. Das Ganze hat allerdings nichts
mit Passivität zu tun, sondern erfordert ganz im Gegenteil eine intensive
und nicht nur physische Dynamik. Natürlich sind auch immer wieder direkte
physische Aktivitäten notwendig, doch erlebt man diese in einem größeren
Zusammenhang. Dies kann Gelassenheit, Zuversicht und Geduld bewirken. Die
Liebe zur Handlung nimmt zu und die einzig auf ein Ergebnis hin orientierte
Absicht nimmt ab.
Bezug zu Goethe und Sheldrake
Goethe und Sheldrake ging und geht es vor allem um eine dem Lebendigen
angemessenen Erkenntnishaltung. Daraus resultiert natürlich auch
eine veränderte Handlungsweise.
Es wurde bereits dargestellt, wie Rupert Sheldrakes morphogenetische
Felder von einer punktuellen Betrachtung wegführen. Unter anderem
zeigt er auf, wie jedes Wesen in seinen Beziehungen lebt, welche durch
ein verbindendes Feld als wirkende Realität vorstellbar werden. Die
duale Subjekt-Objekt Beziehung wird in eine Subjekt und Objekt als Polaritäten
umfassende Feldgesamtheit verwandelt. Das ist zunächst schwer zu
denken. Wenn es sich jedoch mehr und mehr als wissenschaftlich sinnvoll
erweist und sich im allgemeinen Bewusstsein durchsetzt, so wird es sicherlich
zu einem veränderten Empfinden, Verhalten und Handeln führen.
Nicht Objekte und momentane Konkretisierungen, sondern ein Fluss sich
wandelnder lebendiger Beziehungen, Verbundenheit und gegenseitige Abhängigkeit
würde unsere Existenz ausmachen und das Handeln bestimmen.
Goethe war es wichtig aufzuzeigen, wie die Art der Betrachtung der Welt
auf den Betrachter zurückwirkt. Das war der Grund, weshalb ihm die
zunehmende mechanistische Weltanschauung mit ihrer punktuellen, analytisch
trennenden Vorgehensweise Angst bereitete. Eine organische Betrachtungs-
und Handlungsweise, die alles in zeitlichen und räumlichen Zusammenhängen
wahrnimmt und handhabt, kann zu der Rückwirkung führen, dass
auch der wahrnehmende, fühlende und handelnde Mensch sich nicht mehr
so punktuell und egoverhaftet empfindet, sondern sein Bewusstsein weitet
und seine aktuelle Situation im Wechselspiel mit seiner Umgebung und im
Zusammenhang seiner biographischen Entwicklung wahrzunehmen lernt.
Goethes anschauende Urteilskraft verlangt Achtsamkeit, Einfühlungsvermögen,
innere Wahrnehmung und ein Überwinden eigener fester Wahrnehmungsmuster.
Dies wird ganz praktisch neue Fähigkeiten ausbilden, die auch das
Handeln verändern werden.
Zum Zeitgeschehen
Organisch zu denken und zu handeln könnte nicht nur helfen eine neue
Art von Umweltbewusstsein zu entwickeln, es hat auch etwas sozial außerordentlich
Verbindendes. Steter Austausch mit der Umgebung, ein gegenseitiges Ernähren
und Beleben im sozialen Kontext wird erlebbar, ohne dass dabei eine Seite
die eigene Individualität aufgeben müsste.
Im Konfliktfall verfällt man nur zu leicht in eine mechanistische
Betrachtungs- und Handlungsweise und wird von der Grundeinstellung des
dualistischen Getrenntseins beherrscht. Dieses gilt nicht nur für
einzelne Menschen, sondern auch für ganze Völker und Kulturkreise.
Im Zeitalter des globalen Bewusstseins und Handelns müsste eigentlich
immer stärker der Aspekt des Verbundenseins auch durch Krisen hindurch
tragen und es müsste zunehmend deutlich werden, dass das Wohl des
anderen einem selber dient und einem selber auch Vorteile bringt. Diese
heute aufkeimende Erkenntnis, die für eine positive und faire Globalisierung
absolute Voraussetzung ist, scheint im gegenwärtigen Zeitgeschehen
ihre Feuerprobe bestehen zu müssen. Kapitalismus und verschiedenste
Arten von Fundamentalismus dominieren die Welt und es wird jeweils versucht
sie mit Gewalt durchzusetzen. Organisches Denken und Handeln ist frei
von diesen eigentlich der Vergangenheit angehörenden Ideologien.
Es könnte vielleicht helfen unter Respektierung eigenständiger
kultureller Ansätze Einsicht in die gemeinsame Verantwortung zu stärken
und im Dialog eine gemeinsame Perspektive für eine gemeinsame Welt
zu entwickeln.
|
|